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Der Bienentanz

Bienenhotel (©Karl Könecke))

Die Honigbiene (Apis mellifera) stellt für die Forschung der Agrobiodiversität einen wichtigen Indikator dar. Durch die Analyse des Nahrungssuchverhaltens der Honigbiene können beispielsweise Rückschlüsse auch auf das Verhalten anderer Bestäuberinsekten gezogen werden. 

 

Die eher auf kleinräumige Lebensräume angewiesenen Wildbienen finden insbesondere in ausgeräumten Agrarlandschaften weder Nahrung noch Nistmöglichkeiten. Um zu verstehen, wie die verschiedenen Ökosysteme in ihren Funktionen und mit ihren Leistungen ineinandergreifen, ist es wichtig, die Protagonisten zu kennen und deren Verhaltens- und Lebensweisen zu verstehen. Sie zeigen uns an, welche Maßnahmen gut funktionieren und welche nicht.

Reicht es nicht aus, wenn wir einfach eine kleine Strauch-Struktur in die ansonsten weitestgehend leere Feldmark etablieren? Oder ein Insektenhotel an einer alleinstehenden Kastanie am Feldrand aufstellen?

Die Wichtigkeit solcher Landschaftselemente im Sinne einer Biotop-Verbundstruktur ist enorm.

Aber welche Maßnahmen helfen eigentlich den Insekten, wie können wir der Abnahme der Biodiversität am geeignetsten entgegentreten?

Versuchsaufbau (©Svenja Bänsch))

Um bei der Beantwortung dieser Fragen weiterhelfen zu können, gibt es Studien, die sich mit dem Nahrungssuchverhalten von Bestäuberinsekten in verschiedenen Landschaftstypen beschäftigen.

Die Honigbiene als Indikatorart bringt eine erstaunliche Besonderheit mit: den Bienentanz (engl.: waggle dance)

 

In einem Versuchsaufbau wird ein Beobachtungs-Bienenstock in einer möglichst typisch-heterogenen Landschaft aufgestellt. Hier gibt es einen großen Anteil landwirtschaftlich bewirtschafteter Flächen, es gibt aber auch urbane Bereiche, Wald und halb-naturnahe Habitatstrukturen (Sträucher, Einzelbiotope, Hecken,...).

Ein zweiter Bienenstock wird in einer eher homogenen Landschaft aufgestellt. Diese zeichnet sich durch große, zusammenhängende Agrarflächen aus, es gibt kaum Landschaftselemente, Wald oder urbane Bereiche.

Einflugloch (©Svenja Bänsch)

Während der Blühsaison (Frühling, April-Juni) werden die Bienen im Stock gefilmt und anschließend die Filmaufnahmen ausgewertet. Warum dieser Aufwand?

Nun, weil die Bienen, sobald sie im April aktiv werden und zur Nahrungssuche aufbrechen, ihren Nestgenossinnen im Stock die Informationen mitteilen, wo die Nahrungsquellen zu finden sind. Wussten Sie, dass Bienen so gut wie blind sind? Zudem ist es im Stock dunkel, wie kommunizieren sie also?

Die Antwort ist einfach: durch Vibrationen.

Sobald die Sonne aufgeht und die Temperaturen es zulassen, fliegen die ersten "Scout-Bienen" los: sie verlassen den Bienenstock und gehen auf Nahrungssuche in der Landschaft. Dabei orientieren sie sich am Sonnenstand. Die Entfernung messen sie anhand von Schemen in der Landschaft, sogenannten Landmarken. Finden sie eine Pollen- oder Nektarquelle, merken sie sich die Richtung und die Entfernung und kehren in den Stock zurück. Dort angekommen, wimmelt es von Bienen, die sich um die Brut oder die Vorräte im Stock kümmern. Um die anderen Bienen nun über die erfolgreiche Suche zu informieren, fängt die Finderin an, sich anhand der Waben zu positionieren, sie startet ihren Bienentanz!

Set (©Karl Könecke)

Die Waben dienen aufgrund ihrer symmetrischen Struktur hervorragend als "Tanzfläche". Die Biene krallt sich mit den Füßchen an den Wabenrändern fest und beginnt wie wild mit dem Hinterleib zu wackeln. Die dabei erzeugten Schwingungen werden von den anderen Bienen wahrgenommen und schnell bildet sich eine Traube um die Tänzerin. Die Bienen kommen ganz nah heran, um die Schwingungen verfolgen zu können und die Informationen der Nahrungsquelle dem Tanz entnehmen zu können: Wie lange "wackelt" die Bienen in welche Richtung? Der Tanz hat, sobald die Entfernung der Quelle über 100 m vom Stock entfernt ist, immer denselben Grundablauf: Die Richtung der Tanzlinie vermittelt die Richtung in der Natur, anhand des Sonnenstandes. Die Dauer der Linie vermittelt die Länge der Entfernung. Ist die Tanzlinie beendet, geht die Biene im Halbkreis wieder zurück zur Ausgangsposition und beginnt von neuem. Dies tut sie solange, bis sie der Meinung ist, dass die anderen Bienen ihre Informationen aufgenommen haben. Die Wichtigkeit der Quelle äußert sich zudem in der Intensität des Tanzes.

Sehen Sie hier solch einen Bienentanz:

Video (©Karl Könecke)

Versuchsgegend (©Karl Könecke)

Nachdem der Biologe und Tierforscher Karl von Frisch seine Entdeckung der Entschlüsselung des Bienentanzes 1965 veröffentlicht, begannen immer mehr Forscher damit, dieses Feld weiter zu untersuchen. Es wurde herausgefunden, dass die Honigbiene bisweilen über 10 km weite Strecken zurücklegt, um Nahrung zu suchen. Des weiteren fand man heraus, dass die Flugstrecken sich im Laufe der Vegetationsperiode parallel zu den Blühstadien der Pflanzen in der Landschaft verändern.

 

Nahrungspräferenzen, Habitatpräferenzen wurden ermittelt, die Wichtigkeit von Vorgärten in städtischen Bereichen, von Balkonpflanzen und die Abhängigkeit der Bienen von der Massentracht in der Agrarlandschaft (Rapsblüte) sind heute gut erforscht.

Wir können viel über die Insekten lernen und unsere Bemühungen, ihnen zu helfen, in der Landschaft besser umsetzen. Sehen Sie dazu die Karten-Abbildung oben, aus einer aktuellen Studie, bezogen auf den anfangs erwähnten Versuchsaufbau. Aufgrund der Entschlüsselung von über 1400 Bienentänzen konnte man darstellen, auf welche Koordinaten die einzelnen Tänze hinweisen. Zudem wurden zwei Zeitpunkte berücksichtigt: einmal die frühe Blühsaison (rote Punkte), die Zeit der Massentracht. In dieser Zeit wenden die Bienen sich den landwirtschaftlichen Flächen zu. Nach Abblühen des Rapses verlagern die Bienen ihre Suche in die ganze Region, gehen z.T. in die besiedlungsnahen Gebiete, in die Wälder und naturnahen Habitate (graue, eckige Punkte). Zentral: Der Bienenstock.

Während die Honigbiene das wechselnde Angebot in der weiten Landschaft kompensieren kann indem sie weitere Strecken fliegt, können Wildbienen in homogenen, ausgeräumten Landschaften nicht überleben.

In dem folgenden Video möchten wir darstellen, wie die Biene die Informationen über eine Nahrungsquelle sammelt, wie sie diese dann mithilfe des Bienentanzes den anderen Bienen im Stock vermittelt und wie wir den Tanz entschlüssen können:

Video (©Karl Könecke)